Marisa Siguan-Boehmer

Germanistik, Barcelona
Aufenthalt: 01.10.2015–31.03.2016

Vita

  • Studium der Hispanistik und Germanistik in Barcelona; Aufbaustudium und Kurzzeitstipendien an den Universitäten Bologna, München, Freiburg und Münster. Promotion 1983 über die »Rezeption von Ibsen und Hauptmann in der katalanischen Jahrhundertwende«. Seit 1991 Lehrstuhl für Deutsche Philologie (Literaturwissenschaft) an  der Universitat de Barcelona. Lehre: Neuere Deutsche Literatur, Schwerpunkt Jahrhundertwenden (18.–19. und 19.–20. Jahrhundert).
  • Gründungspräsidentin der spanischen Goethe-Gesellschaft, 2001.
  • 2000 bis 2012 Mitglied des Internationalen Wissenschaftlichen Beirates des Instituts für Deutsche Sprache.
  • WS 2009–2010, WS 2012–2013: External Senior Fellow im Freiburg Institute for Advanced Studies, WS 2014–2015 Internationales Kolleg Morphomata Köln.
  • Seit 2013 korres. Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

 

Forschungsschwerpunkte

  • Germanistik
  • Romanistik
  • Komparatistik
  • Literatur der Moderne
  • Literatur und Erinnerung an Gewalt

 

 

Projektskizze

Fiktionalisierung als Life-Writing: Autofiktion als Autobiographie und als Nachruf

 

Mit ›autofiktional‹ kann man ein Schreiben definieren, das in großem Maße autobiographisch konnotiert ist und sich von der Autobiographie dahingehend unterscheidet, dass es die Lebensgeschichte als etwas behandelt, was zu erfinden ist. Der Wahrheitsanspruch eines solchen Schreibens beruht entsprechend nicht auf der Rekonstruktion eines angeblich Gewesenen, sondern siedelt sich jenseits eines solchen an: Hier geht es um eine vom Subjekt bezeugte Authentizität sowie um spezifische literarische Verfahren, die das Erinnerte wieder erlebbar machen.

Die literarischen Texte, die ich untersuche, gehen aus Diktaturerfahrungen hervor. Sie wurzeln in der Erinnerung an durch Gewalt angetanes Leid, an unermesslichen Schmerz, an die Omnipräsenz des Todes als Massenmord. Bei der Suche nach einer adäquaten Sprache dafür, einer Sprache, die aus der Spannung zwischen Gestaltungswillen und Gestaltungsnot entsteht, spielt die Autofiktion als Distanzierungsmechanismus eine wichtige Rolle. In diesem Sinn ist das fiktionale Werk der von mir behandelten Autoren (Levi, Améry, Kertész, Semprún, Schalamow, Herta Müller, Aub, Ivanji) autofiktional. Dabei wird aber nicht unbedingt und nicht immer die Fiktionalisierung des Ichs realisiert als vielmehr die Fiktionalisierung seiner Umwelt. In diesem Sinne möchte ich die Autofiktionalität dieser Autoren erforschen: als Erschreiben ihrer Biographie und/oder, je nach den erwählten Werken, ihrer Porträts.

 

Publikationen (Auswahl)

Monographien

  • Marisa Siguan: Schreiben an den Grenzen der Sprache. Studien zu Améry, Kertesz, Semprún, Schalamow, Herta Müller und Aub. De Gruyter, 2014.
  • Marisa Siguan, Hans Gerd Rötzer: Historia de la literatura en lengua alemana. Desde los orígenes hasta la actualidad. Barcelona, 2012.


Herausgeberschaften

  • Marisa Siguan, Loreto Vilar, Linda Maeding, Rosa Pérez Zancas (Hrsg.): Kreuzwege / Neuwege. Literatur und Begegnung im deutschen und spanischen Exil. Königshausen & Neumann, 2014. Darin auch:  Jean Améry und Max Aub: Zwei Arten der Ressentiments, zwei Arten des Exils.
  • Marisa Siguan, Loreto Vilar, Rosa Pérez Zancas (Hrsg.): Wortkulturen,  Tonwelten. Tectum, 2014. Darin auch: Über literarische Übersetzung.
  • Marisa Siguan: Visuelle Metaphorik und Erzählstrucktur bei Herta Müller. In: Literatur als Performanz (Brigitte Jirku und Ana Rosa Calero Hrsg.) Königshausen & Neumann, 2014.

 

Buchkapitel, Zeitschriftenartikel

  • Literatura y Ciencia. In: Humanidades e investigación científica: Una propuesta necesaria. Norbert Bilbeny y Joan Guardia (eds), Universitat de Barcelona 2015.
  • Amérys Unmeisterliche Wanderjahre: Individuum und Geschichte, Autobiographie und Roman. In: Irene Heidelberger-Leonard und Irmela von der Lühe (Hrsg.) Jean Améry: Seiner Zeit voraus – ein Klassiker der Zukunft? Göttingen, 2009.
  • Wenn es Calderón nicht gegeben hätte, die Deutschen hätten ihn erfunden: Deutsche Romantik und spanisches Barock in: Jahrbuch der Jean Paul Gesellschaft, 2007.


Editionen und Übersetzungen

  • Goethe: Obra narrativa. (Edition, Einführung und Komentar von:  Los sufrimientos del joven Werther, Años de aprendizaje de Wilhelm Meister, Conversaciones de emigrantes alemanes, Afinidades electivas, Años itinerantes de Wilhelm Meister; darin auch die Übersetzungen von den Leiden des jungen Werther und den Unterhaltungen deutscher Ausgewanderten). Madrid – Córdoba 2006.
  • Jean Améry: Años de andanzas nada magistrales. Einführung, Kommentar, Übersetzung (Übersetzung zus. Mit E. Aznar). Valencia, 2007. Ebenso: »Lugares en el tiempo« (2008), »Revuelta y resignación: acerca del envejecer« (2001) und »Levantar la mano sobre uno mismo« (1999).