Der Vortrag untersucht die Konstruktion einer ‚Menschensorte‘ mit visuellen Mitteln. Gegenstand im engeren Sinne sind Portraits von Menschen mit Albinismus, die seit einigen Jahren in der internationalen Kunst- und Modefotografie auftauchen. Der Vortrag basiert auf einer sozialkonstruktivistischen Prämisse, wonach Albinismus nicht einfach ein ‚natürlicher‘ Zustand ist, der unabhängig von kultureller Sinnstiftung und Praxis existiert. Wie jede Form von Humandifferenz hat auch der Albinismus eine Geschichte, in der sich Prozesse der Um- und Neudeutung beobachten lassen. Dementsprechend sollen die im Vortrag behandelten Porträts als Ausdruck einer rezenten Umdeutung des Albinismus als ästhetische Qualität im Feld der Kunst betrachtet werden. Als Bilder von Menschen mit besonderen Körpern bewegen sie sich in einem Spannungsfeld zwischen Alterisierung und Normalisierung, das sich bis auf die Zurschaustellung von ‚Albinos‘ in Wunderkammern und Schaubuden zurückverfolgen lässt. Ziel des Vortrags ist es, die Porträts als materialisierte Praktiken des un/doing difference zu untersuchen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Analyse ihrer Gestaltungs- und Verwendungsweisen im Vergleich zu visuellen Repräsentationen von Hypopigmentierten in älteren bzw. alternativen Rahmungen (Freakshow, Anthropologie, Medizin, Sozialaktivismus); ein weiterer auf der Analyse des Verhältnisses von Serialität und Singularität, das sich im Materialkorpus unterschiedlich zeigt und angesichts der historischen Rolle, die serielle fotografische Verfahren bei der Ausgrenzung besonderer Körper gespielt haben, kritisch befragt werden soll. Theoretische Anleihen erfolgen an kulturwissenschaftlich orientierten Disability Studies sowie einer vergleichenden Forschung zu Praktiken der Humandifferenzierung.
Respondenz: Martin Zillinger (Köln)