Von exemplarischen Studien zu auto/biographischem Schreiben (Vollhardt, Zhao, Lewis, Zhu), Skulpturen (Boschung), Wachsporträts (Gersmann), königlichen Porträts (Greub), zeitgenössischer Fotografie (Mersmann), dem Lebenslauf (Roussel), autobiographischen Alphabeten (Schmitz-Emans) und anderen Formen der Biographie und des Porträts reichten die Vorträge der Jahrestagung des Internationalen Kollegs Morphomata (9.-11. Juli). Thema war das Verhältnis von offenen und geschlossenen Formen der Darstellung des Besonderen.
Gottfried Boehms Abendvortrag über Cézannes Porträt von Ambroise Vollard entwickelte eine Vorstellung, wie die Form der Darstellung und das Objekt, in diesem Fall die porträtierte Person, im künstlerischen Akt über Cézannes Konzept der "sensation" vermittelt wurden. Während der Konferenz rückte für die Morphomata-Fellows die Diskussion in den Vordergrund, wie sich Besonderes/Individualität auf offene, experimentelle Weise manifestiert – z.B. auf der Grundlage bestimmter erkenntnistheoretischer Voraussetzungen wie – auf der einen Seite – dem Fehlen einer zeitlichen Teleologie (Blamberger) und der fehlenden Annahme eines zentralen Merkmals einer Biographie oder eines Porträts. Die Teilnehmer diskutierten – auf der anderen Seite –, ob beispielsweise geschlossene Beschreibungsformen durch eine Überbetonung der informativen Kodierung des Dargestellten (Greub, Krings) oder durch die Isolierung der Form – etwa im Sinne ihrer Selbstunterscheidung – vom Leben an sich als etwas "Ungeformtes" (Roussel) gekennzeichnet seien.
Die Verflechtung von Form und Leben und der gegenseitige Bezug von "geschlossenen" zu "offenen" Formen und umgekehrt führte schließlich zur Diskussion von Ambiguitäten in der Formierung (Boschung, Pollini, Dinter) oder der Frage nach dem Verhältnis von Singularitäten und dem Verlauf eines Lebens und damit zur paradoxen Verknüpfung von Öffnung und Schließung, etwa in der Figur der "open-ends" (Naumann, Mersmann). Die Vielfalt der wissenschaftlichen Disziplinen – Literaturwissenschaft, Archäologie, Geschichte, Kunstgeschichte und Anthropologie – eröffnete vielfältige Ideen und Perspektiven. So bildeten die Vorträge und Diskussionen eine gemeinsame Plattform für den Austausch von analytisch fruchtbaren Begriffen, Hypothesen und neuen Perspektiven.